Balint

Balint-Arbeit gibt es in einer Balint-Gruppe,
moderiert von Balint-Gruppen-LeiterIN und gegebenenfalls Co-LeiterIN.
In einer Gruppe arbeiten zwischen 5 und 50 Personen etwa 90 Minuten lang.

Ziel der Arbeit: über freie Assoziationen und eine schwebende Aufmerksamkeit in der Gruppe die Arbeits-Beziehung zwischen Menschen zu beleuchten / zu spiegeln / zur Kongruenz zu bringen und die Wahrnehmung dieser Beziehung zu erweitern.

Balint-Arbeit in der Balint-Gruppe

Der hilfreiche Blick auf das System ist auch in der Balint-Arbeit ein Blick von Aussen. Dabei ist die Suchrichtung NICHT nach richtig oder falsch und es werden keine Ratschläge gegeben. Vielmehr erhält der Referent / die Referentin, die einen Fall vorstellt einen breiten Fächer unterschiedlicher Spiegelungen und Interpretationen. Es ist möglich hierarchiefrei und autonom zu lernen, die eigene Wahrnehmung und das Bewusstsein zu erweitern, sich selbst zu ermächtigen und dadurch beruflich weiter zu entwickeln.

Entwickelt wurde die Methode in den 1950er Jahren durch ein von Michael und Enid Balint geleitetes Forschungsseminar im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes in der Londoner Travistock-Klinik. Dabei stand die Arzt-Patienten-Beziehung im Zentrum. „Und gewiss nicht zum erstenmal in der Geschichte der Medizin führte die Diskussion sehr bald zu der Erkenntnis, dass das am allerhäufigsten verwendete Heilmittel der Arzt selber sei.“ [1].

Erfolg und Praxisnähe der Methode zeigen u.a. folgende Tatsachen:

  • in Balint-Gruppen arbeiten inzwischen Menschen aus verschiedensten Feldern: Medizin, Psychotherapie, Theologie, Sozialarbeit, Supervision, Pädagogik, Personalentwicklung
  • Balint-Arbeit entspricht den aktuellen Erkenntnissen der Hirn-Forschung (schwebende Aufmerksamkeit nutzt mehr Hirn-Areale)
  • Balint-Arbeit ermöglicht die Spiegelung komplexer Team-Strukturen und -Prozesse in einem Setting das die Kompexität handhabbar macht
  • Balint-Arbeit hat sich in den letzten Jahrzehnten methodisch weiterentwickelt und nutzt (je nach Leitung) auch Darstellendes, Integratives und Systemisches
  • in der Balint-Gruppe ist Diversity-Managment elementarer Grundbestandteil
  • Balint-Gruppen existieren weltweit in unterschiedlichsten Ländern z.B: Ägypten, China, Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, UK, Kanada.

bitterernst bietet ein interdisziplinäre Balint-Gruppen in Wien.
Anmeldung und weitere Informationen über einen Kommentar unten

Literatur:
[1] „The Doctor, his Patient and the Illness“ [Der Arzt, der Patient und die Krankheit] Michael Balint, London 1956
[2] „Psychotherapeutic Techniques in Medicine“ [Psychotherapeutische Techniken in der Medizin] Michael und Enid Balint, London 1961

5 Gedanken zu “Balint

  1. Die Balint-Gruppe ist ein psychoanalytisches Werkzeug und funktioniert nach den Regeln der klassischen Psycho-Analyse. Ohne die Psycho-Analyse wäre eine Balint-Arbeit undenkbar.

    • Ich arbeite als Gruppenleiter in meiner Balint-Gruppe wenn möglich auch mit Aufstellungen und Rollenspielen. Für mich ist Balint-Arbeit auch aus einem systemischen oder konstuktivistischen Verständnis her sinnvoll.

    • „Bis zur Entdeckung der Psychoanalyse und der Entstehung der verschiedenen psychotherapeutischen Schulen war der therapeutischen Wirkung der Worte, die der Psychotherapeut … wählte, nicht viel Aufmerksamkeit zugewandt worden. Ein Vergleich der Fallbeschreibungen bei den verschiedenen Schulen zeigt, dass jede Schule – zusätzlich zu den gewöhnlichen Worten und Sätzen – ihre eigenen Begriffe gebildet hat und … offenbar Phänomene und Vorgänge beobachten und beschreiben kann, die von anderen Schulrichtungen nicht beschrieben und vielleicht auch nicht beobachtet werden. … Leider wissen wir nicht genug darüber warum manche ihrer Formen … sich im einen Fall als therapeutisch, in anderen als wirkungslos erweisen … . Um nur einige zu erwähnen: korrigierende emotionelle Erfahrung, nichtdirektive Beratung, und nicht zum wenigsten die Theorie der Deutung in der Psychoanalyse.“
      Michael und Enid Balint in „Psychotherapeutische Techniken in der Medizin“ Stuttgart 1990, S. 263 f

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